Theodor Franz Ferdinand Risse gen. Neuhaus, ein weitsichtiger Visionär und Investor aus Allagen
Am 18. Januar des Jahres 1859 wurde in Allagen Theodor Franz Ferdinand Risse gen. Neuhaus geboren. Er war wie viele Mitglieder der Familie Risse in Allagen von Beruf Schäfermeister und als solcher in der Gemeinde Körbecke insbesondere in Echtrop tätig, wo er in den 1890er Jahren ein Haus erbaute. Nach dem taggleichen plötzlichen Tod seines ältesten Bruders und dessen Frau im Jahre 1895 sind zwei seiner Neffen als Vollwaisen bei ihm aufgewachsen. Der Echtroper Schäfer Joseph Risse (heute Familie Franz Josef Kemper) war einer dieser Neffen.
Das Haus der Rissen lag ausgesprochen günstig nämlich unmittelbar an der Bahntrasse der gerade in Betrieb gegangenen Strecke der Westfälischen Landes Eisenbahn WLE von Soest nach Belecke, so dass sich die Idee aufdrängte, neben der Einrichtung der Bahnagentur mit Fahrkartenausgabe einen Gaststättenbetrieb zu etablieren. Theodor Risse wird daher in allen späteren Dokumenten nicht mehr als Schäfer sondern als Gastwirt bezeichnet.
Schäfer, Gastwirt und Bahnagent Risse
Nicht genug der Kreativität von Schäfer, Gastwirt und Bahnagent Risse, er hatte nun die weitsichtige Idee am Haltepunkt Echtrop ein eigenes Anschlussgleis zu errichten, so dass der Handel für die umliegenden Bauernschaften mit kürzeren Wegen verbunden war. Er selbst erhoffte sich natürlich ein wirtschaftliches Fortkommen für sich und seinen Gaststättenbetrieb.
Es folgen bereits 1899 und später lange Verhandlungen mit den zuständigen Verwaltungseinrichtungen hinsichtlich der Genehmigung zum Bau dieses Gleisstückes, das im Wesentlichen aus drei Weichen und einem kurzen Stück Gleisladestrecke mit Wendeplatz bestehen sollte.
Zur Finanzierung erklärte er sich zur Zahlung von 2000 RM aus eigenen Mitteln bereit, um dieses Projekt zu realisieren. Der Beantragung folgten nun Verhandlungen mit den zuständigen Institutionen, die sich ausgesprochen schwierig und langwierig gestalteten.
Theodor erwarb eine Parzelle südlich seiner Gaststätte von der Ehefrau Franz Griese zu Echtrop. Er hatte die Ausführung der Erdarbeiten zugesagt, um diese mit eigenen Kräften zu bestreiten. Nach langen Bemühungen war ca. 1908 die Maßnahme begonnen worden, wobei ihm nun die finanziellen Zusagen bzw. Vorleistungen über den Kopf wuchsen und die Gemeinde Körbecke das Projekt mit Gemeindearbeitern und Geldern der umliegenden Ortschaften weiter betrieb.
Die politischen Köpfe hatten offensichtlich inzwischen die Vision und den Nutzen, insbesondere zusammen mit dem bevorstehenden Bau der Möhnetalsperre, als besonders wichtig erkannt und zur eigenen Idee gemacht. Nach Fertigstellung des Bahnanschlusses Echtrop durch die Gemeinde, wurde der Haltepunkt der WLE zur weiteren Nutzung und Bewirtschaftung überlassen, dieses auch, um aus der Unterhaltspflicht zu kommen. Theodor Risse verkaufte sein gesamtes Anwesen mit Wirkung 02.03.1909 an die Eheleute Landwirt Hermann Niehus aus Hövel.
An dieser Stelle verloren sich zunächst die Spuren des Theodor Risse und offen blieb, ob er überhaupt Familie hatte und wohin es ihn geführt hat. Zeitzeugen berichten, dass er nach Belgien oder Luxemburg auswanderte. Es gibt auch Hinweise, dass er ins Saarland ging. Nachfahren der Linie Risse in Hirschberg berichten über gelegentlichen Besuch eines Verwandten aus dem Saarland.
Zur weiteren Geschichte des Gasthauses Risse
Nach dem plötzlichen Tod des Wirtes Hermann Niehus im Jahre 1911 versuchte die Ehefrau bzw. Witwe den Gaststättenbetrieb und die Bahnagentur selbst zu betreiben, was offensichtlich nicht einfach war.
Eine interne Mitteilung der WLE vom 27.03.1912 besagt:
„Die Wirtschaft Niehus in Echtrop ist an Bernard Heckenkamp aus Delecke verkauft. Die Übernahme erfolgt am 01. April d. J. …“(1)
Die vom Schäfer, Gastwirt, Bahnagenten und weitsichtigen Visionär bzw. Investor Theodor Risse aus Allagen errichtete Hausstätte ist die spätere wohlbekannte Gaststätte des Bernard Heckenkamp in Echtrop, die im Jahre 2012 das 100jährige Bestehen feierte und im Jahre 2014 geschlossen wurde.
Quellen:
(1, 2) Kreisarchiv Soest, Bestand N15/ Signatur 318 -Westfälische Landeseisenbahn-