„konfiszierte Diele bei der Mühlenschleuse zu Niederbergheim in der Nacht aufgeladen und nach dem Pfarrhofe zu Allagen gefahren“
Recht haben und Recht bekommen war und ist seit jeher eine brennende Frage. Es ist nicht erst seit jüngster Zeit so, dass Streitfälle schnell vor Gericht landen. Schaut man sich überlieferte historische Dokumente an, so muss man feststellen, dass diese in der Regel juristischen Gegenstands sind. Unsere Ahnen waren wahre Meister in der Anrufung von Gerichten unterschiedlicher Art, seien es Erbschafts- bzw. Eigentumsfragen oder Fragen der Höfeordnung.
Gelegentlich finden sich aber auch Ereignisse mit echtem Straftatbestand.
So geschehen im Jahre 1794, als Thomas Färber gen. Alteschlup und Theodor Livermann gen. Möhnschulte aus Allagen straffällig geworden sind,
Ein entsprechendes Dokument entstammt den Hofunterlagen der Familie Diemel gen. Rellecke in Westendorf. Der heutige Besitzer Eugen Diemel-Rellecke hat es der Gruppe Familien- und Heimatforschung in Allagen zur Sichtung zur Verfügung gestellt.
Die besagte Gerichtsakte, datiert vom 23. Oktober 1798, spricht das Urteil über das Vergehen, nämlich die Entwendung von Dielen, der Allager Bürger Thomas Färber und Möhnschulte.
Gerichtsort ist Hirschberg, Sitz des Kurfürstlichen Herrn Oberjägermeisters Freiherr von Weichs als Richter. Beisitz führt Hofrat Leopold Lysen, der zuständige Jagdadvokat mit Sitz in Belecke bzw. Mülheim. Die Angelegenheit bringt der Oberförster und Forstschreiber Johannes Henrich Calaminus aus Hirschberg in Gang.
Nun kennen wir die Klägerseite.
Doch wer ist Möhnschulte?
Das Gehöft Schulte in der Möhne lag, wie die Bezeichnung schon sagt, ursprünglich in unmittelbarer Nähe zum Möhnefluß, ebenso wie der Hof Frohne in der Möhne in der Nähe des alten Feuerwehrhauses von Allagen lag. Im Jahre 1755 wurde diese Hausstätte errichtet bzw. durch einen Neubau ersetzt, nachdem zuvor ein Joannes Wilhelmus Luig die Erbtochter Anna Elisabeth Schulte aus der Möhne geheiratet hat. Deren Tochter Anna Catharina Luig gen. Möhnschulte nimmt sich im Jahre 1775 den Johann Theodor Livermann aus Albringen im Kirchspiel Enkhausen zum Ehemann. Er nennt sich nun Livermann gen. Möhnschulte, gründet eine große Familie und errichtet im Jahre 1789 ein neues Haus, welches noch heute an der Kreuzung Möhnestraße Streitstraße steht, bekannt als Hof Budde bzw. Brinkhof, lange Zeit Andreas Berger Antiqutäten sowie Hofcafe.
Übrigens haben alle Familien, die im Kirchspiel Allagen den Beinamen Livermann tragen bzw. trugen ihre Wurzeln dort.
Dieser Theodor Livermann gen. Möhnschulte ist also einer unserer Täter.
Der zweite Täter, Thomas Färber gen. Alteschlup war der erste Ferber, der in Allagen geboren ist und dort zur Taufe getragen wird. Sein Vater Petrus kam angeblich aus Warstein und heiratet in Allagen in das Haus Severin gen. Alteschlup ein.
Die Stätte Severin lag an der Ecke Stukenweg und Querweg. Sein Urenkel Franz Wilhelm Schulte gen. Alteschlup errichtet mit seiner Frau Maria Catharina Cordes im Jahre 1887 ein Heiligenhäuschen, welches heute im Obsthof des Hauses Müller-Freund am Kirchweg steht.
Einige Zeit später wird das Haus abgerissen. Erst 1932 hat Josef Gosmann gen. Davids das Grundstück von dem Eigentümer Peck erworben und dort ein neues Haus erbaut.
Übrigens sind die unterschiedlichen Schreibweisen Färber/ Ferber, Lievermann/ Livermann, Möhneschulte/ Möhnschulte zu der damaligen Zeit gang und gäbe.
Thomas Ferber, ist von Beruf Schuster und im kirchlichen Gemeindeleben aktiv, was ihn schließlich zum Angeklagten und verurteilten Mittäter in einer Strafsache macht.
„Anproduzirte Forstamts Pedell Citatorium vom gestrigen Dato.Worauf denn erschien der Thomas Färber mit der Anzeige, daß der mitbeklagte Möhneschulte, wegen seiner Kranckheit nicht erscheinen könnte. Worauf dann dem erschienenen Thomas Färber das Urteil“
Das Urteil lautet:
„In Sachen forstamtlichen Fisci, Denuntianten eins, wider Möhneschulte und Thomas Färber, zu Allagen. Denuntiaten andern Teils, wird aus ersehenem Verfolg für Recht erkannt, daß der Denuntiat Möhneschulte weil derselbe überwiesen, die in Frage befangene konfiszirte Diele bei der Mühlenschleuse zu Niederbergheim in der Nacht aufgeladen und nach dem Pfarrhofe zu Allagen gefahren,
in 6 Goldgülden,
und mit Denuntiat Tomas Färber, weil dieser teils überwiesen, teils geständiger Maßen mit …. andern die erwänte Dielen in der Nacht, von der Mühlen, bis an die Schleuse getragen,
in 3 Goldgulden Brüchten Strafe zu erlegen,und in die hierunter, und am Ende verzeichnete Kosten“
Dem Protokoll und Urteil folgt eine detaillierte Aufstellung der Kosten des Verfahrens, welches sich wohlgemerkt über vier Jahre hingezogen hat. Penibel werden Termine der Verhöre angeführt. Die jeweiligen Honorarsätze der beteiligten Personen werden benannt und die Kosten für die erstellten Schriftstücke aufgelistet.
Dieser Gebürenbescheid aus dem Jahre 1798 steht einer heutigen amtlichen Gebürenrechnung in keiner Weise nach.