Der Gewerke Franz Victor Röper gen. Wicker

Der Gewerke Franz Victor Röper gen. Wicker

Victor Röper wird als Sohn des Land- bzw. Gastwirts und Schmieds Carl Joseph Röper in Anröchte als fünftes von zwölf Kindern geboren. Von seinen Geschwistern sind Friedrich ger. Fritz, der seine Spuren als Priester in Menden hinterlassen hat und seine Schwester Maria Anna ger. Marianne zu nennen, die im Jahre 1844 den Wilhelm Anton Schrader in Steinheim bei Höxter heiratet.

Die industriellen Entwicklungen in der ersten Hälfte des 18ten-Jahrhunderts sind in der Region geprägt durch die Eisengewinnung und Eisenverarbeitung, die von Warstein über Belecke auch das Möhnetal erreichen. Kernfrage ist stets die Nutzung der Wasserkraft. So entstehen um 1840 nahezu zeitgleich und auf engstem Raume drei Wasserkraftanlagen zur Eisenverarbeitung: der Liethhammer des Theodor Thiele gen. Hucht, das Blankschmiedewerk des Franz Ernst Linnhof und schließlich das Viktoriawerk des Victor Röper. Alle Anlagen werden übrigens noch heute zur Energiegewinnung genutzt.

Victor Röper hat im Alter von ca. 25 Jahren bereits verschiedene Vorstöße bzw. Bauanträge zur Errichtung einer Wasserkraftanlage mit Staustufe zum Betrieb einer Drahtrolle eingereicht.

Trotz großer Hürden und mehrerer Jahre Planungsdauer, mit Zwischenaktivitäten in Sichtigvor, hat er seine Pläne unbeirrt verfolgt und realisiert.

Es existieren nur wenige Schriftstücke dazu. Im Archiv Warstein finden wir die Akte, die den ersten Antrag auf Errichtung einer Drahtrolle am Möhneflusse enthält.

Antrag vom 15.03.1840 des Victor Röper auf Errichtung einer Drahtrolle

Eines der frühesten Dokumente findet sich im Archiv des LWL Münster, nämlich der Projektplan zur Errichtung eines Grabens zur Betreibung einer neu zuerrichtenden Drahtrolle des Gewerken Victor Röper aus Anröchte.

Der erste Antrag ist im Amtsblatt am 28.03.1840 veröffentlicht.

Amtsblatt 28.03.1840
Amtsblatt vom 28.03.1840, Einrichtung einer Drahtrolle, erste Planungen,
Flur III, Nr. 153, Grundstück Rellecke

Bereits im September 1840 wird von Victor Röper ein modifizierter Plan zur Einrichtung einer Drahtrolle eingereicht, nun oberhalb der Brücke über den Möhnefluss. Er hat in der Zwischenzeit offensichtlich ein weiteres Grundstück von dem Tagelöhner, später Fabrikarbeiter, Heinrich Busch gen. Merren erworben.

Amtsblatt vom 13.09.1840
Amtsblatt vom 13.09.1840, Einrichtung einer Drahtrolle, weitere Planungen, Flur II, Nr. 139, Grundstück des Heinrich Busch

Die Ausführung des Vorhabens

Dieser Plan stellt die tatsächlich ausgeführte Situation dar. Das Grundstück der ersten Projektierung ist links im Plan zu sehen. Es folgen aufwendige Erdbewegungs- und Bauarbeiten, die allesamt von Hand ausgeführt werden müssen.

Planungsunterlagen zur Projektierung eines Grabens
Planungsunterlagen zur Projektierung eines Grabens zur Betreibung einer Drahtrolle des Gewerken Victor Röper aus Anröchte (Quelle: LWL Münster)

Es folgen nun weitere Verhandlungen. Im Badehaus zu Belecke wird schließlich am 27. Mai 1842 der Kaufvertrag zwischen dem Ökonom Philipp Berghoff zu Westendorf und dem Fabrikanten Victor Röper über den Erwerb eines Grundstücks am Möhnefluss geschlossen.

Berghoff verkauft den zur Anlage des Obergrabens für die anzulegende Fabrik erforderlichen Grund und Boden aus seiner sogenannten großen Wiese an der Möhne.

Damit wird gleichzeitig die Anlage eines Wehres durch den Möhnefluss gestattet, wobei Berghoff sich das Recht zur Flößung seiner Wiese aus dem Obergraben vorbehält. Der Kaufpreis betrug übrigens 80 Thaler.

Die Mühe lohnt sich, der Obergraben und das notwendige Wehr werden angelegt.

Diese Grabenanlage wird ab dem Jahre 2019 zu Ehren des Erbauers Röper-Graben genannt.

Seine Bemühungen firmieren zunächst unter der Bezeichnung Carl Röper & Söhne. Sein Vater Carl und sein ältester Halbbruder Franz bilden hierbei die Gruppe. Ab Januar 1842 ist dann Victor der alleinige Geschäftsführer der Firma Carl Röper & Söhne.

Das nach ihm benannte Victoria-Werk wird errichtet und geht in Betrieb.

Ein schriftliches Zeugnis, dass der Beginn der Inbetriebnahme zwischen 1842 und 1844 liegen wird, findet sich in einem Vertrag mit dem Gutsbesitzer Ebbinghaus zu Letmathe vom 09. Juni 1844 dem Besitzer des Gutes Mülheim, worin der Betrieb der Schleusung nebst Zubehör in der Möhne an der Gemarkung Mülheim in der damaligen Weise bestehen bleibt. Im Zuge dieser Maßnahmen wird auch ein Kontorhaus errichtet.

Das Werk expandiert und floriert

Ab 1850 gibt es mehrere Erweiterungen.Er beantragt den Bau einer Drahtwalze und eines Hammerwerkes am Viktoriawerk.

Antrag vom 15.05.1850 des Vicroe Röper auf Errichtung einer Drahtwalze und eines Hammerwerkes
Planungsunterlagen zur Projektierung einer Drahtwalze und eines Hammerwerkes des Gewerken Victor Röper aus dem Jahre 1850
Detailansicht zu den Planungsunterlagen zur Projektierung einer Drahtwalze und eines Hammerwerkes des Gewerken Victor Röper aus dem Jahre 1850

Inzwischen sind drei Wasserräder im Einsatz und das Kontorhaus steht.

Das Grundstück des Heinrich Busch wird später mit dem Wohnhaus, d.h. dem späteren Haus Dassel, bebaut.

Nach dem Tod des Theodor Thiele gen. Hucht und der Weiterführung des Liethhammers durch dessen Schwiegersohn Heinrich Göckeler, kauft Röper dieses Werk und bildet nunmehr mit ca. 200 Mitarbeitern das Monopol im Möhnetal.

Amtsblatt Drahtrolle
Aufstellung: Drahtrolle Victoria, Wappenhammer und Liethhammer für das Jahr 1855

Zu diesem Zeitpunkt glühen im Viktoriawerk bereits 40 Kettenfeuer. Es werden Produkte erzeugt und nicht nur Halbzeuge bereitgestellt. Im Jahre 1855 wurden 1910 Zentner Ketten gefertigt. Die lange Tradition der Kettenfertigung im Möhnetal hat ihren Ursprung an dieser Stelle und zu diesem Zeitpunkt.

Im Jahre 1855 errichtet Victor Röper die erste steinerne Brücke über den Möhnefluss. Sicherlich ein wichtiger Schritt zur Milderung seiner Transportprobleme.

Das Jahr 1855 ist in einer anderen Hinsicht ein ganz besonderes Jahr.
Das Unternehmen Carl Röper und Söhne zu Allagen beteiligt und profiliert sich mit Produkten der Draht- und Kettenherstellung als Aussteller auf der Weltaustellung in Paris.

 

Aufstellung: Drahtrolle 1855

Medallie Weltausstellung Paris
Weltausstellung, Paris 1855, Medaille in Kupfer, Berichte aus dem Jahre 1856

Victor Röper errichtet nach dem Geschäftshaus nun auch das Wohnhaus, das heutige Haus Dassel.

Wann das Wohnhaus tatsächlich errichtet wurde, ist recht unklar. Als sein Wohnort wird lange, noch im Jahre 1847, Anröchte genannt. In den Planungsunterlagen aus dem Jahre 1850 ist das Wohnhaus noch nicht eingetragen.

Die Familie Röper

Am 27. November 1856 heiratet Victor Röper die Clara Angela Berglar gen. Rademacher, die am 06. Januar 1826 in Mülheim geboren wurde und am 26. Mai 1893 in Duisburg verstorben ist.

Schon bald nach der Heirat stellt sich in Allagen der Nachwuchs ein, nämlich:

  • Carl Anton Victor Röper
    *23.04.1857 Allagen – +05.06.1943 Dülken
  • Franz Theodor Victor jun. Röper
    *16.11.1858 Allagen – +01.10.1917 Düsseldorf
  • Carl Anton Joseph Röper
    *31.01.1861 Allagen – +11.01.1920 Düsseldorf
  • Maria Anna Gertrud Röper
    *07.07.1863 Allagen – +08.03.1914 Düsseldorf
Viktor Röper, Clara Berglar
 
Villa Röper vor 1886
Die Villa Röper vor 1886, ohne Turm und Stufengiebel

Arbeiter kommen, um zu bleiben

Die Firma Röper rekrutiert ihre Mitarbeiter primär aus der Region, so dass eine Vielzahl von Tagelöhnern in ein geregeltes Arbeitsverhältnis kommen.

Dieses innovative Unternehmen zieht zudem den Zuzug von Fachpersonal aus der nahen und ferneren Umgebung Allagens nach sich.

Beispielhaft seien hier die Familien Sand, Schrewe und Pankoke genannt, von denen die Nachkommen in Einzelfällen zu echten Pohlbürgern werden.

Dieses kann geschehen, da es z.B. die Anröchter Brüder Friedrich Wilhelm Pankoke (1823 – 1877) und Bernard Friedrich Pankoke (1825 – 1898) mit Viktor Röper ins Möhnetal zieht. Wie es im Leben gelegentlich so spielt, logiert Bernard Friedrich Pankoke bei einer gewissen Familie Tacke gen. Röttcher in Westendorf. Hier gibt es Arbeit, kurze Wege, Unterkunft, Verpflegung und insbesondere die Haustochter Maria Elisabeth Tacke (1829 – 1891), mit der er sich im Jahre 1859 verheiratet und Familie sowie echte Pohlbürger gründet.

Das Ende der Ära-Röper in Allagen

Mit dem Jahr 1860 ergeben sich in den Unternehmen Röper wirtschaftliche Schwierigkeiten. Die schlechte Verkehrsanbindung, die Verlagerung der Stahlunternehmen in das Ruhrgebiet und große finanzielle Verbindlichkeiten führen zum Ende der Röper-Ära in Allagen.
 Für Dienstag den 15. Juni 1860 um 1 ½ Uhr Nachmittag wird die Zahlungseinstellung des Victor Röper festgesetzt und damit der Konkurs eröffnet.

Zunächst wird der frühere Geschäftsführer Louis Bangert zu Allagen zum einstweiligen Verwalter bestellt.

Rechtsrat Albert Schulenburg aus Lippstadt

In die Wirren des Zusammenbruchs gerät nun auch Rechtsrat Albert Schulenburg aus Lippstadt, der ab 1855 als Teilhaber von den Unternehmungen Victor Röpers partizipiert. Auch Schulenburg, der einer angesehnen Gärberfamilie aus Soest entstammt, ereilt der private Konkurs.

Das Unternehmen des Victor Röper wird vom Gewerke Theodor Ulrich aus Bredelar übernommen.

Es folgen insbesondere für das Wohnhaus der Familie wechselvolle Jahre.

Wer nun annimmt, dass damit die Erfolgsgeschichte des Victor Röper abgeschlossen ist, der irrt gewaltig. Er wagt einen Neuanfang in Ruhrort.

Gewerke

„Gewerke ist, welcher eine Zeche, ein Pochwerk, Schmelzhütte oder ein Theil davon besitzet, und darüber einen Gewährschein erhalten, [1]“ – Johann Christoph Stößel: Bergmännisches Wörterbuch, S. 223