Familie Sand

Von Sand und Sauerkraut

Die Allagener Familie Sand hat ihre Wurzeln in Örtchen Fachbach, Sankt Goarshausen, Hessen-Nassau. Dort wird im Jahre 1821 ein gewisser Peter Sand als ältestes Kind der Eheleute Johann Peter Sand und der Anna Maria Kassung geboren.

Den Peter Sand, von Beruf Schneidermeister, verschlägt es zunächst nach Warstein, wo er am 27. April 1852 die im Jahre 1826 in Fachbach geborene Christina Burgard heiratet. Trauzeuge ist der bekannte Warsteiner Puddelmeister Joseph Simon, der offensichtlich die weiteren Geschicke der Eheleute Sand lenkt.

Das erste Kind der Eheleute wird 1853 in Belecke geboren, wo Sand als Fabrikarbeiter seinen Lebensunterhalt verdient.

Johann Heinrich Sand (1856 1918) (2)

Das zweite Kind, der erste Sohn, Johann Heinrich Sand wird bereits am 05. August 1856 in Allagen geboren, wo Peter Sand als Hammerschmied bei dem Gewerke Viktor Röper tätig ist. Eine weitere Tochter wird 1859 in Allagen geboren. Diese stirbt bereits 1863 in Allagen.

Die Familie Sand gerät in dieser Zeit durch den Konkurs der Firma Röper im Jahre 1860 in existenzielle Bedrängnis. Erst im Jahre 1867 werden der Familie Zwillinge geboren, die im selben Jahr versterben.

Sesshaft in Oberbergheim

Der Lebensort der Familie ist inzwischen Oberbergheim, wo im Jahre 1869 der zweite Sohn geboren wird, der im Alter von einem Jahr ebenfalls verstirbt. Das siebte Kind, d.h. der dritte Sohn, wird schließlich 1871 in Oberbergheim geboren.

In den Annalen Allagens existiert ein authentisches Schriftstück zu dem weiteren Lebensweg unserer Familie Sand. Es handelt es sich hierbei um die Anfrage eines Heinrich III. Sand aus Neuß, dem Enkel des oben genannten Johann Heinrich Sand.

Das Schreiben aus dem Jahre 1951 ist an den damaligen Bürgermeister Erich Dassel gerichtet, der dieses zur Beantwortung an Herrn Reinold in Oberbergheim gibt, der als Zeitzeuge in vielerlei Weise Auskunft geben kann.

Bürgermeister Erich Dassel schreibt

„Das mir zur Kenntnisnahme zugesandte Schreiben, des Herrn H. Sandt, Neuß am Rhein, habe ich mit Interesse gelesen.

Um dem Herrn und Ihnen Auskunft geben zu können, habe ich mich an einen 76-jährigen Mann von hier gewandt, der mir folgende Auskunft übergeben hat:“

Der Landwirt zu Oberbergheim, Wilhelm Georg Reinold gen. Veddern (1874-1954), erinnert sich und berichtet in folgender Weise:

„Nach den Erzählungen meiner Eltern und alter Leute kam zur Zeit als das Röpersche Eisenwerk im Möhnetal in Blüte stand (das jetzige Marmorwerk, Liethwerk, von Dassel) eine fremde Familie hier ins Dorf.

Der Mann war Schmied und arbeitete auf Röpers Fabrik.

Er baute sich vom Holz der Zehntscheune (Eichenfachwerk) die damals zum Verkauf stand gleich in der Nachbarschaft ein kleines Haus in Lehmfachwerk, der Anfang des jetzigen Hauses Schmitz, und pachtete sich ein paar Morgen Grund um seine Familie ernähren zu können. Es war der Fabrikschmied Peter Sand.

Den Pferdebesitzern des Dorfes tat er oft Gefälligkeiten und diese bearbeiteten Sand sein Land mit ihren Gespannen. Die anderen Arbeiten machten seine Frau und die heranwachsenden Kinder.

Der älteste Sohn Heinrich Sand war sozusagen in den Bauernbetrieben groß geworden, ging auch später nicht zur Fabrik, sondern blieb als Knecht in der Landwirtschaft, war fleißig, zuverlässig und tüchtig.

Seine letzte Stelle war in Berlingsen, wo er mehrere Jahre war, als Pferdeknecht und zuletzt als Baumeister.

Sammelmann war kränklich und musste oder wollte seinen Hof verpachten. Da er Sand als tüchtigen Mann kannte, verpachtet er ihm den Hof unter günstigen Bedingungen.

Als die Pacht rum war, pachtete Sand das Gut Vogelsang bei Neuß.

Bekannte Familien liehen ihm Geld zum Anfang und ein jüdischer Viehhändler Neukamp Soest, lieferte ihm sein ganzes Vieh auf Credit. Ein Altersgenosse von mir, Max Neukamp, hat mir noch 1920 gesagt, dies sei die erkenntlichste Familie gewesen, die sie je beliefert, denn damals noch kauften sie vom Neukamp das Vieh für ihren Abmelkstall.

Die Milch lieferte H. Sand täglich als Flaschenmilch 2 mal in die Stadt Neuß, wozu er mehrere Pferde hatte. Als das Gut später verkäuflich wurde, hat er es gekauft.

Da nun am Niederrhein viel Kappus gebaut wird, sah er ein, dass es besser sei fertiges Sauerkraut zu verkaufen als den Kappus und gründete den Anfang der heutigen Sauerkrautfabrik. Die heute nach 50 Jahren ein führendes Unternehmen geworden ist.

Die Bewohner nun von dem ersten von Peter Sand erbauten Hause in Oberbergheim, senden nun ein Bild ihres Besitzes, dass sich im Laufe der Jahre auch geändert und verbessert hat.

Ebenso wünscht der alte 76-jährige und alle Dorfbewohner, den Nachkommen von Peter Sand, dem dritten Heinrich Sand, weiteres Glück und Gedeihen und senden einen heimatlichen Gruß.

Bürgermeister Erich Dassel, Allagen, im Jahre 1951″ (1)

Familie Sand auf Gut Vogelsang

Das frühere Rittergut Haus Vogelsang, welches dem heutigen Stadtteil seinen Namen gegeben hat, entstand an der Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert. Im Jahre 1298 übertrug der Neußer Bürger Hermann von Kothusen dem Klarissenkloster 16 Morgen Ackerland in Richtung Krefeld. Hier entstand in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts ein Hof, der in der Folgezeit als kurkölnisches Lehensgut geführt wird.

Im Jahre 1834 erwirbt ein gewisser Arnold Simons das Gut. Im Jahre 1846 erhielt Haus Vogelsang den Titel „Rittergut“.

Im Jahre 1883 verpachten die Erben Simons den Hof schließlich an den Landwirt Johann Heinrich Sand (1856 – 1918).

Gut Vogelsang (2)

Dieser erwirbt im Jahre 1905 das Gut und richtet neben dem Wohnhaus eine Molkerei ein, wo er als erster Neußer Landwirt Milch in Flaschen abfüllt, die anschließend auf dem Markt in Oberkassel verkauft wird. Das Wohngebäude lässt Sand im Jahre 1906 durch eine Jugendstilvilla ersetzen.

Bereits um 1900 hat Johann Heinrich Sand an der Gladbacher Straße eine Sauerkrautfabrik errichtet. Für den Anbau von Weißkohl eignen sich vor allem die nördlich von der Stadt liegenden schweren Ackerböden. Dadurch ist es zu erklären, dass es im Neußer Norden schon kurz nach der Jahrhundertwende fünf Sauerkrautfabriken gibt.

Sauerkrautfabrik Sand (2)

Die Firma Sand in Vogelsang hat im Jahre 1925 bereits 48 Mitarbeiter und war damit der größte Sauerkrauthersteller der Stadt Neuß.

Nach dem Zweiten Weltkrieg verkaufen die Nachkommen des Johann Heinrich Sand die Ackerflächen am Haus Vogelsang an die Stadt, die das Gelände für die Stadterweiterung einsetzt.

Die Hofgebäude selbst erwirb im Jahre 1956 das Ehepaar Tillmann, das in Scheune und Stallungen einen Reitstall einrichtete. Das Wohnhaus aus dem Jahr 1900 wird nachfolgend durch ein Mehrfamilienhaus ersetzt. Der Reiterhof Tillmann besteht bis zum Jahr 2016, danach wurden die Gebäude zugunsten der jetzigen Wohnbebauung aufgegeben. (2)

Quellen:

(1) Archiv Haus Dassel, 1951
(2) Neuß Historisch -Haus Vogelsang-