Die Geschichte von Haus Dassel
wird am besten erzählt, indem wir uns die zeitliche Abfolge der verschiedenen Eigentümer vor Augen führen.
Der Gewerke Victor Röper
Victor Röper begründete ab dem Jahre 1840 bei Überwindung unsäglicher Schwierigkeiten ein für damalige Zeiten beachtliches Industrieimperium der Eisengewinnung- und -verarbeitung. So beschäftigten die Röper-Werke in Allagen in der Zeit um 1855 ca. 200 Mitarbeiter. Und das im bis dahin beschaulichen Möhnetal. Röpers Aktivitäten nahmen im Jahre 1860 ein Ende, nachdem sich die wirtschaftlichen Umstände massiv verändert hatten und große finanzielle Verbindlichkeiten den Konkurs bedeuteten.
Die Fragen zur Geschichte des Hauses Dassel haben zwangsläufig die Frage nach der Geschichte der Familie Röper aufgeworfen, die nach dem Weggang von Allagen in Duisburg und Düsseldorf erfolgreich aktiv war und heute noch ist
Vor einiger Zeit konnten wir den Ururenkel von Victor Röper, Herr Rico Schrader mit seiner Ehefrau, zu einem Besuch in Allagen begrüßen.
Der Gewerke Theodor Ulrich
Der Gewerke Theodor Ulrich wurde im Jahre 1862 für kurze Zeit der neue Eigentümer. Er war ein Industrieller aus Bredelar, der übrigens, so ist überliefert, gemeinsam mit seinem Vater in der ehemaligen Klosterkirche des Klosters Bredelar einen Hochofen errichten, die sogenannte „Theodorshütte“ welche im Jahre 1828 den Betrieb aufnahm. Er erwarb das Gut Willebadessen, ein ehemaliges Kloster aus dem 12. Jahrhundert. Seine Tochter Elisabeth erbte die Besitzungen und etablierte zusammen mit ihrem Ehemann Joseph von Wrede den fürstlichen Stammsitz derer von Wrede zu Willebadessen. Breits Ende 1862 verkaufte Theodor Ulrich die röperschen Liegenschaften, die für ihn lediglich ein Investmentgeschäft bedeutet hatten.
Der Bildhauer und Architekt Jean Baptist Prang
Jean Baptist Prang wurde im Jahre 1863 Besitzer des Hauses und der Anlagen. Dieser stammte aus Münster und bewohnte das Haus für einige Jahre. Die Firma Prang & Cie. hatte bereits in der Gegend von Brilon bzw. Alme mehrere Steinbrüche zur Gewinnung und Verarbeitung westfälischen Marmors. Das Unternehmen geriet aber in eine immer schwieriger werdende wirtschaftliche Lage.
Westfälische Marmorwerke AG
Eine Gruppe von vorwiegend anonymen Investoren, die das Unternehmen 1872 zu außerordentlich günstigen Konditionen aufkauften und in eine Aktiengesellschaft, „die Westfälischen Marmorwerke“ umwandelten, wurden Eigentümer des Hauses. Prang fungierte nun als der Direktor der Aktiengesellschaft, die eine typische Schöpfung der Gründerzeit war. Diese AG leistete enorme Investitionen, musste aber bereits im Jahre 1877 Konkurs anmelden.
Die Berliner Bodenkreditbank
Die Berliner Bodenkreditbank wurde als Rechtsnachfolger für einige Jahre Eigentümer des von Victor Röper einst gegründeten Anwesens.
Nun folgt ein mehrjähriges Dahinvegetieren des Hauses und der Verfall der Fabrikanlagen.
Der Unternehmer Georg Dassel
Georg Dassel aus Düsseldorf pachtet im Jahre 1886 den Betrieb und erwarb ein Jahr später das gesamte Anwesen. Nach ihm ist das Haus letztendlich benannt. Die von ihm gegründete Westfälischen Marmor- und Granitwerke Georg Dassel erlebten einen großen Aufschwung, als die Eisenbahnlinie Soest-Belecke-Brilon gebaut wurde.
Das Haus wurde in der Folgezeit mehrmals umgebaut und verändert. Der heute charakteristische Turm wurde angebaut und die typischen Stufengiebel ergänzt. Als Architekt wird Carl Wilhelm Schleicher (1857-1938) genannt, der im Jahre 1900 den Erweiterungsbau projektierte.
Der Autor Thomas Roeb führt in seime Buch bezüglich dieses Bauprojektes an:
„1900 : Villa Georg Dassel
Ort: Gebäudetyp Villa
Bauaufgabe: Anbau eines Turms, Ausstattung von Vestibül und Korridor
Ausführungsjahr: 1900
Bezug zum Auftraggeber: Commerzienrat Dassel besaß ein großes Marmorwerk, das im heutigen Geldwert von mehreren Millionen Euro Aufträge von Schleicher erhielt.„(2)
Carl Wilhelm Schleicher ließ sich 1886 in Düsseldorf als Privatarchitekt nieder und gilt als Vertreter des architektonischen Historismus. Sein Wirken erstreckte sich über das Rheinland und Westfalen, wobei er schwerpunktmäßig im Düsseldorfer Raum tätig war und vorwiegend Villen und Landhäuser für den dort ansässigen „Industrie-Adel“ erbaute.(1,2)
Der Vorbau an der Nordseite wurde als Kontorgebäude vorgesetzt. Die reichhaltigen Marmorverkleidungen im Inneren, die Säulen und Kamine gehören auch zu den später hinzugefügten luxuriösen Veränderungen des heutigen Hauses.
Zu Ende der sechziger Jahre wurde das Hauptwerk der Firma Dassel in Allagen reduziert und der Betrieb am sogenannten Lietfeld konzentriert. Die langjährigen Mitarbeiter der Firma Dassel, Josef Ferber und Bernd Griese, seit 1990 Geschäftsführer, haben im Jahre 1994 die Firma übernommen, heute Dassel Naturstein GmbH.
Die Gemeinde Allagen
Die Gemeinde Allagen konnte im Jahre 1972 das Haus Dassel mit den gesamten Außenanlagen für Gemeindezwecke erwerben. Die Fabrikgebäude wurden 1974 abgetragen und das Gelände parkähnlich gestaltet.
Die Stadt Warstein
Die Stadt Warstein hatte nun das große Glück, im Rahmen der Kommunalreform heute als Eigentümer zu fungieren und dieses Schmuckstück zur Verfügung zu haben. Das Haus Dassel wurde im Jahr 1984 unter Denkmalschutz gestellt.
Quellen:
(1) Wikipedia
(2) Roeb, Thomas: Carl Wilhelm Schleicher 1857-1938: Leben und Werk eines Architekten des Historismus, 2006